IPV-Jahrestagung 2014: Zukunftsperspektiven im Fokus
Die Jahrestagung des IPV, Industrieverband Papier- und Folienverpackung, im März 2014 war sehr gut besucht. Hagen Puttrich, IPV Vorstandssprecher, bewertete in seiner Begrü- ßungsrede die aktuelle Umsatzsituation der Branche als positiv, machte aber auf die angespannte Renditesituation aufmerksam und die mit 6% deutlich gestiegenen Personalkosten. Da der Fachkräftemangel auch bei den IPV-Mitgliedsunternehmen spürbar sei, wird der IPV verstärkt Aktivitäten in diesem Bereich starten. Im Zentrum der diesjährigen Verbandstagung in Bamberg standen die Zukunftsperspektiven der Branche.
Bedeutung der Verpackung wächst im E-Commerce
Dr. Volker Lange, Ressortleiter für Verpackungslogistik beim Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML, Dortmund, hielt einen packenden Vortrag, wie der E-Commerce die Handelslogistik revolutioniert. Im Vergleich zum Jahr 2000 ist heute E-Commerce kein Hype mehr, sondern durch die vorhandene IT-Infrastruktur eine feste Größe, die rd. 33,5 Mrd. Euro Umsatz pro Jahr in Deutschland generiert. Damit habe das Umsatzwachstum seit dem Jahr 2000 um den Faktor 20 zugelegt. Treiber dieser Entwicklung, so führte der Logistikexperte aus, sind die Produkte, die am besten transportierbar sind wie DVD’s und Bücher, Mode sowie Unterhaltungselektronik. Andere Bereiche wie Lebensmittel zeigen nach seiner Einschätzung eine dynamische Entwicklung, halten aber in Deutschland erst einen Anteil von 1% am Branchenumsatz, während dieser Anteil in England immerhin schon 15% und in Frankreich 8% beträgt. Da in einer mobilen Welt der POS überall ist, rücke der Punkt der Warenauslieferung an den Kunden in den Mittelpunkt aller Überlegungen.
Nach Meinung von Dr. Volker Lange muss das Verpackungsmarketing im E-Commerce neu gedacht werden. Entsorgung und das Warenretouring stellen zentrale Herausforderungen dar. Verpackung werde im E-Commerce noch stärker zum Imageträger und präge das Einkaufserlebnis als einen bestimmenden Teil des gesamten Produkterlebens.
Handelswettbewerb wird zum Konzept- und Kontaktwettbewerb um Verbraucher
Boris Hedde, Geschäftsführer am Institut für Handelsforschung IFH, Köln, beschäftigte sich in seinem Vortrag mit der Handelswelt von morgen. So wachse der Lebensmittelhandel auf hohem Niveau, der Drogeriemarkt dagegen sei der Absatzkanal mit der höchsten Wachstumsrate aufgrund einer massiven Flächenerweiterung. Nach einer aktuellen Studie des IFH müssen bis zum Jahr 2020 24.000 – 58.000 Handelsbetriebe in Deutschland schließen, wobei der Lebensmittelvertrieb weniger stark betroffen ist. 2 Aktuell werden nach Aussagen des IFH im Food-Bereich erst ca. 160 Mio. Euro Umsatz mit online-Bestellungen gemacht.
Anschaulich legte der Handelsexperte dar, wie es im Handelswettbewerb immer stärker zu einem Konzeptwettbewerb um die Verbrauchergunst kommen werde. Dabei werde sich seiner Meinung das Wettrennen zwischen Discounter einerseits und Supermarkt anderseits weiter fortsetzen. So habe der Supermarkt mit eigenen Handelsmarken, gerade auch im Premiumsegment und regionalen Produkten in den letzten Jahren eine Renaissance erlebt. Nun folgt die Antwort des Discounters mit einer neuen, höherwertigen Positionierung, die sich durch ein Mehr an Frische, ein Mehr an Gesundheit und Wellness und ein Mehr an Wertigkeit durch starke Marken im Sortiment auszeichnet. Der Wettbewerb um den Kunden sei auch ein massiver Kontaktwettbewerb nach dem Motto „Dort sein, wo der Kunde ist“. Dabei bewertete der Handelsexperte folgende Verbrauchertrends, bei denen durch die Verpackung Mehrwerte geschaffen werden, als wichtig: Convenience, Premium, Regionalität als das neue „Bio“, Nachhaltigkeit und Wellness.
Chancen und Risiken einer durchgängigen Automatisierung
Frank Rieger, Buchautor und Sprecher des Chaos Computer Clubs, zeichnete ein Bild der künftigen, softwarebasierten Arbeitswelt. Der Leitgedanke, dass jede Tätigkeit, die von einer Maschine erledigt werden kann, dem Menschen Zeit für andere Aktivitäten lasse, führt zu großen Herausforderungen für eine Gesellschaft. So können nach seiner Aussage z.B. in den USA bis zum Jahr 2020 bereits 47% aller Arbeitsplätze wegrationalisiert werden. Generell würden durch die Digitalisierung der Arbeitsprozesse ca. 20 bis 25% der Arbeitnehmer keine Arbeit mehr finden bzw. haben. Ein weiteres Merkmal der Softwaredurchdringung aller Arbeitsprozesse ist die hohe Flexibilisierung der Arbeitsplätze, so seien bereits 75% aller neu entstehenden Arbeitsplätze in Holland keine Vollstellen mehr. Mit der hohen Komplexität einer softwarebasierten Arbeitswelt gehe eine große Anfälligkeit für Störungen und Fehler einher.