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Sind Kunststoff-Tragetaschen schädlich für die Umwelt? Daten und Fakten zum Gebrauch der Plastiktüte

Der Gebrauch von Kunststoff-Tragetaschen ist Gegenstand einer deutschland- und europaweiten Debatte. Diese Debatte wird von Einigen unsachlich und vor allem nicht zielführend für den Umweltschutz geführt. Um Ihre journalistische Arbeit zu unterstützen, haben wir uns als Verband entschlossen, Ihnen ein paar Daten und Fakten zum Gebrauch der Plastiktüten an die Hand zu geben.

Deutschland ist Vorreiter bei Einhaltung von EU-Verbrauchszielen – Deutschland liegt deutlich unter diesen in Europa festgelegten maximalen Werten.

Der Gebrauch von Kunststoff-Tragetaschen in Deutschland deckt sich mit der Forderung nach nachhaltiger Konsumgewohnheit des Bundesministeriums für Umwelt und Naturschutz. Plastiktüten haben – im Vergleich zu ihren Alternativen – einen ähnlichen ökologischen Fußabdruck.

Littering (das ungeordnete Wegwerfen von Verpackungen ohne vorheriges Sortieren) in Deutschland ist kein Entsorgungs- sondern ein Kommunikationsproblem – es gibt keinen Grund, warum Kunststoff-Tragetasche in Deutschland in der Umwelt entsorgt werden.

Deutsches Entsorgungs- und Verwertungssystem als globales Vorbild – weil es funktioniert.

Die freiwillige Selbstverpflichtung zeigt, dass das Umweltbewusstsein auch der Wirtschaft ein wichtiger Antrieb ist.

 

Nachfolgend finden Sie die Fakten inkl. Belege in ausführlicher Darlegung:

 

Deutschland Vorreiter bei Einhaltung von EU-Verbrauchszielen bei Kunststoff-Tragetaschen
Verpackungen im Allgemeinen spielen eine nicht zu unterschätzende Rolle im weltweiten Konsum. Sie schützen Produkte jeglicher Art bei Ihrem Transport und bei der Lagerung vor ungewollten Einflüssen und Verunreinigungen von außen. Kunststoff-Tragetaschen wie die Plastiktüte sind hierbei vor allem beim Transport von Produkten aus dem Einzelhandel im Einsatz.
Deutschland liegt deutlich unter den EU-weiten Werten für 2020 von 90 leichten Kunststoff-Tragetaschen pro Person: So verbrauchte im Jahr 2018 jeder Bundesbürger nach Angaben der Gesellschaft für Verpackungsmarktforschung durchschnittlich nur 20 Kunststoff-Tragetaschen mit einer Wandstärke von weniger als 0,05mm. Damit wurde sogar das Verbrauchsziel für das Jahr 2025 – 40 Stück pro Person – bereits deutlich unterschritten. Die Tendenz ist weiter sinkend.
Betrachtet man den Gesamtverbrauch aller Kunststoff-Tragetaschen in Deutschland, so lag dieser bei 24 Stück pro Person.
Nach Angaben des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) beträgt der Anteil der Kunststoff-Tragetaschen an den gesamten Kunststoff-Verpackungen in Deutschland weniger als 3%.

Nachhaltiger Gebrauch von Kunststoff-Tragetaschen erfüllt Ziele des Bundesumweltministeriums

Fälschlicherweise werden Kunststoff-Tragetaschen gerne als „Wegwerfprodukt“ bezeichnet. Repräsentative Studien widerlegen diese Aussagen entschieden. Nach einer Untersuchung von TNS Emnid, wird sie vielmehr im Durchschnitt vier- bis fünfmal gebraucht, bevor sie entsorgt wird. Sie ist somit tatsächlich kein „Wegwerfprodukt“.
Zu einem Verbot oder einer Besteuerung von Plastiktüten befindet das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit BMU richtigerweise, dass die Umweltbelastung durch Tüten in Deutschland gering ist, da Kunststoffverpackungen über die Gelbe Tonne erfasst und verwertet werden. Somit landen Plastiktüten in Deutschland im Abfall und nur in Ausnahmefällen in der Landschaft oder in Gewässern – wenn sie nicht sachgerecht entsorgt werden. Hier besteht ein deutlicher Unterschied zu Ländern, die über eine schlecht entwickelte Abfallwirtschaft verfügen.
Die vom BMU angestrebte Förderung von nachhaltiger Konsumgewohnheit im Zusammenhang mit der Benutzung von Plastiktüten wird somit durch die Praxis der Tragetaschennutzung in Deutschland eher unterstützt.

Kunststoff-Tragetaschen haben einen ähnlichen ökologischen Fußabdruck im Vergleich zu ihren Alternativen
Kunststoff-Tragetaschen können unter Umständen ökologisch nachhaltiger als andere Alternativen sein, wie eine durch die britische Regierung beim Umweltamt Environment Agency in Auftrag gegebene Studie ergeben hat. Wichtiges Kriterium hierbei ist die Anwendung und der Gebrauch der jeweiligen Tragetasche. Eine Baumwolltragetasche im Vergleich zu einer einmal genutzten HDPE-Tasche muss mindestens 131 Mal eingesetzt werden, bevor sie beim Treibhausgaspotential (Global Warming Potential) besser abschneidet. Wird die HDPE-Tasche auch nur ein zweites Mal als Müllbeutel genutzt, muss die Baumwolltasche sogar 327 Mal eingesetzt werden. Geht man einmal die Woche einkaufen, müsste man die Baumwolltasche sechs Jahre gebrauchen, bevor sie tatsächlich für die Umwelt schonender wäre als die Kunststoff-Tragetasche.
Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch die Studie der dänischen Umweltschutzbehörde Miljøstyrelsen im Jahr 2017. Demnach haben Plastiktüten den kleinsten ökologischen Fußabdruck bei bestimmten Rahmenbedingungen.
Zu beachten ist auch die Energie- und Umweltbilanz bei der Herstellung der jeweiligen Tragetaschen. Die Rohstoffe für die Herstellung von Baumwoll- und Jutetaschen werden in der Regel in Monokulturen angebaut. Dies macht den massiven Einsatz von Pestiziden erforderlich und führt zu höherer Umweltbelastung und ggf. auch zu gesundheitlichen Schäden. Damit diese Taschen für den Lebensmitteltransport hygienisch einwandfrei sind, würden sie vom Verbraucher zudem regelmäßig gewaschen werden müssen.
Nach einer Studie der Universität Arizona stecken in jeder zweiten Baumwolltasche zu viele Keime – u.a. Krankheitserreger. Die Forscher der Universität Arizona geben die Empfehlung, die Taschen wöchentlich bei 60 Grad zu waschen und jeweils eine für Fleisch, nässende Kühlwaren und sandiges Gemüse zu nutzen. Die Belastung der Umwelt durch wöchentliches Waschen wirkt sich natürlich auch auf die Umweltbilanz aus.

Littering in Deutschland – kein Entsorgungs- sondern ein Kommunikationsproblem

Um der Verschmutzung der Meere entschieden entgegen treten zu können, sind funktionierende Entsorgungs- und Recyclingsysteme sowie ein umsichtiges und nachhaltiges Konsum- und Entsorgungsbewusstsein maßgeblich.
Wie bereits durch das Bundesministerium für Umwelt und Naturschutz festgestellt, werden Kunststoffe in Deutschland über die Gelben Tonnen des Dualen Systems flächendeckend erfasst und verwertet. Im Gegensatz zu Ländern mit einer weniger entwickelten Abfallwirtschaft kommen Plastiktüten aus Deutschland somit in den Entsorgungskreislauf und nur selten in die Landschaft oder gar in die Gewässer.
Die Studie zu Littering der Universität Basel in fünf Städten der Schweiz hat ergeben, dass Tragetaschen nur einen Anteil von fünf Prozent am gesamten Littering-Aufkommen haben, bezogen auf die Anzahl der Abfallobjekte. Während Take Away- und Getränkeverpackungen mit einem Anteil von 50 Prozent zum Littering-Aufkommen beitrugen, lag der Volumenanteil der Tragetaschen sogar noch deutlich unter fünf Prozent.
Es ist daher sinnvoll, zielgerichtete Maßnahmen für den Umweltschutz zu fördern und – wie vom BMU gefordert – das Bewusstsein für nachhaltiges Konsumverhalten inklusive Entsorgung weiter zu sensibilisieren, sowohl in Deutschland als auch international. Insbesondere dort wo bislang noch erhebliche Defizite zu beobachten sind, ist eine Kreislaufwirtschaft sinnvoll, damit die Wertstoffe nicht in der Landschaft und in den Meeren landen, sondern wie in Deutschland gesammelt und wiederverwertet werden.

Entsorgung von Kunststoffen: Deutsches Entsorgungs- und Verwertungssystem als globales Vorbild

Deutschland verfügt mit den dualen Systemen über ein funktionierendes Sammel- und Verwertungssystem. Kunststoff-Tragetaschen werden, nachdem sie mehrfach gebraucht worden sind, entweder als Müllbeutel entsorgt oder über die Gelbe Tonne in den Recyclingkreislauf eingebracht und wiederverwertet. Selbst das Umweltbundesamt sieht keinerlei Notwendigkeit, Maßnahmen – wie ein Verbot oder eine Steuer auf Kunststoff-Tragetaschen – zu ergreifen.
Die organisatorischen und technischen Erfahrungen aus mehr als 20 Jahre Entsorgungs- und Verwertungspraxis sollten genutzt werden, um weltweit ähnliche Systeme zu etablieren, als globale Strategie gegen das Littering, zur Schonung der Ressourcen und zur Wiederverwertung wertvoller Rohstoffe.

Umweltverantwortung auch in Industrie und Handel: freiwillige Selbstverpflichtung zeigt Wirkung

Die Deutschen greifen immer seltener zur Plastiktüte„, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) der dpa. „Das zeigt: Die mit dem Handel vereinbarte Bezahlpflicht wirkt.“ Mit der freiwilligen Selbstverpflichtung des Einzelhandels aus dem Jahr 2015 wurde festgelegt, dass bis 2017 mindestens 80 Prozent der Kunststoff-Tragetaschen kostenpflichtig sein müssen. 350 relevante Unternehmen haben die Vereinbarung mit dem Bundesumweltministerium unterschrieben. So sind in vielen großen Handelsketten die Plastiktüten bereits seit einiger Zeit abgeschafft.
In Deutschland werden sogar schon seit 1974 Tragetaschen nicht mehr kostenlos im Lebensmitteleinzelhandel ausgegeben, sondern verkauft. Der sogenannte „Tütengroschen“ damals aufgrund der Erdölkrise eingeführt, hat dazu geführt, dass der Verbraucher Tragetaschen nur verwendet, wenn er diese benötigt. Außerdem hat die Umstellung der kostenlosen auf die kostenpflichtige Abgabe von Taschen im LEH dafür gesorgt, dass die Taschen einen Wert bekommen und deshalb mehrfach genutzt werden.

Kunststoff-Tragetaschen bieten eine nachhaltige Perspektive – aktiv befördert durch den IPV
Die Produktion von Kunststoff-Tragetaschen wird kontinuierlich im Hinblick auf ökologische Vorteile optimiert. Der Materialeinsatz wird immer geringer, eine nur 20 g schwere Kunststoff-Tragetasche kann 20 kg Waren sicher und hygienisch befördern. Damit ist die Kunststoff-Tragetasche eines der effizientesten Transportmittel und sorgt dafür, dass der Einkauf sicher zu Hause ankommt.
Leider bieten Tragetaschen aus biologisch abbaubaren Kunststoffen derzeit noch keine wirkliche Alternative. Die Taschen bestehen heute nur zu rd. 40 Prozent aus nachwachsenden Rohstoffen. Auch zur Lösung des Litteringproblems tragen sie nicht bei, denn je nach Umweltbedingungen zerfallen sie erst – abhängig vom Material – nach einem halben Jahr bis zu drei Jahren oder gar länger. Entgegen landläufiger Meinung lösen sie sich auch im Meer nicht auf. Auch hier gilt: Biologisch abbaubare Kunststoffe können nur in Kombination mit korrekter Entsorgung sinnvoll genutzt werden.
In der Arbeitsgruppe Alternative Verpackungsmaterialien arbeiten die Mitglieder des IPVs aktiv mit Experten aus Forschung und Entwicklung zusammen, um Kunststoff-Tragetaschen nachhaltiger zu gestalten. Dies betrifft nicht nur die intensive Suche nach alternativen Verpackungsmaterialien, sondern auch die Weiterentwicklung hinsichtlich des Umweltschutzes und der Nachhaltigkeit von bestehenden Materialien.

Wirtschaftliche Bedeutung der Kunststoff-Tragetasche: Verlust von Arbeitsplätzen und Know-how – auch bei der Entsorgung
In der EU werden Kunststoff-Beutel und -Tragetaschen von rund 15.000 – 20.000 Mitarbeitern in ca. 250 – 300 Unternehmen hergestellt. Entsprechend würde ein Verbot der Kunststoff-Tragetasche zur Vernichtung von Arbeitsplätzen in diesen Betrieben und in der Folge bei den Zulieferunternehmen führen.
Die weltweit führenden Hersteller von Anlagen zur Herstellung und Verarbeitung/Recycling von Kunststoffen, inklusive Tragetaschen, haben ihren Sitz in der EU. Diese Unternehmen verlieren ihre Kompetenz und ihr Know-How, wenn die von ihnen entwickelten Maschinen auf den Heimatmärkten nicht mehr zum Einsatz kommen. Darüber hinaus können sie ihre Produkte nur erfolgreich weltweit vermarkten, wenn sie sie auch standortnah vorführen können.
Mittelbar beträfe dies vor allem auch die Entsorgung. Die geographische Nähe und das verbreitete Umweltbewusstsein in der EU von Herstellern, Zulieferern, Dualen Systemen und Verbrauchern ermöglichen es, effiziente und zielführende Maßnahmen – wie das Entsorgungssystem in Deutschland einzuführen und weiterzuentwickeln. Ein brain drain in diesem Segment würde mit Sicherheit mittelfristig zu stark negativen Konsequenzen für den Umweltschutz führen.

Kunststoff-Tragetaschen stärken den stationären Handel und vermeiden Verpackungsabfall
Kunststoff-Tragetaschen sind ein beliebter und preisgünstiger Werbeträger. Im Umfeld von Geschäften und Einkaufszentren sorgen sie für hohe Aufmerksamkeitswerte und gewinnen eine immer größere Bedeutung für Impulskäufe. Durch einen gestärkten stationären Handel kann dieser seine Position gegenüber dem Internethandel behaupten. Damit leisten Kunststoff-Tragetaschen nicht nur einen wertvollen Beitrag für die Belebung der Innenstädte, sie reduzieren so indirekt auch die Zunahme von Verpackungsabfall beim weltweiten Versandhandel.

Pressemitteilung: Daten und Fakten zum Gebrauch der Kunststoff-Tragtaschen IPV-2019