(Frankfurt). Auf Corona folgt Energiekrise: Die aktuelle Branchenumfrage des IPV beschreibt die großen Aufgaben, die von den Unternehmen 2022 geschultert wurden und 2023 weiter gemeistert werden müssen. Selten folgte auf eine gravierende Herausforderung so schnell die nächste.
Nach Corona, nach den gestörten Abläufen am Rohstoffmarkt, stand 2022 im Zeichen einer nationalen Energiekrise. „Da wird den Unternehmen viel abverlangt. Neben dem ohnehin schon enormen und umständlichen bürokratischen Aufwand, beeinträchtigen diese einschneidenden Ereignisse zusätzlich massiv das Tagesgeschäft“, zeigen sich IPV-Geschäftsführer Karsten Hunger und Vorstandssprecher Jens Vonderheid sehr besorgt. Immerhin: 80 Prozent der befragten Unternehmen glauben, dass das Thema Pandemie 2023 keine Rolle mehr spielen wird. Die Branche blickt also nach vorne. Dabei ist der Ausblick auf das aktuelle Jahr getrübt, denn genauso viele Mitglieder sind der Meinung, dass die Geschäftserwartungen schlechter werden. Die allgemein gedämpfte Wirtschaftslage und ein inflationsbedingtes Nachlassen der Nachfrage der Privatverbraucher werden als Gründe angeführt. Zudem sind die Lagerbestände der Kunden aus der Coronazeit noch gut gefüllt.
Nachlassende Rendite, stark gestiegene Energiekosten
Schaut man auf die Renditeentwicklung, dann ist diese bei rund 60 Prozent der Mitgliedsbetriebe stärker als zwei Prozent gewachsen. Das klingt erst einmal gut, bedeutet aber im Vergleich zu 2021 einen möglichen Abwärtstrend. Damals waren es noch mehr als 75 Prozent, die über eine steigende, sichere Rendite verfügen konnten. Aufgrund des verknappten Rohstoffangebots waren bei den Kunden teilweise höhere Preise durchsetzbar und viele Betriebe konnten von einem deutlichen Umsatzanstieg berichten. Allerdings wurde dieser vor allem auf die gestiegenen Rohstoff- und Produktionskosten zurückgeführt.
Der durch den Ukrainekrieg verursachte Preisanstieg bei den Energiekosten und die steigende Inflation führten zu Kaufzurückhaltung und Verunsicherung. Das wird sich 2023 wohl fortsetzen. Die hohen Energiekosten konnten 2022 bei etlichen Betrieben im Bereich Strom durch langfristige Lieferverträge noch abgefedert werden. Bei denen, die zu aktuellen Preisen kaufen mussten, führte das bereits zu einer deutlichen Verteuerung der Fertigungskosten. Die Kosten für Strom sollen sich 2023 – so eine Prognose – aber verdoppeln. Bei Gas und Öl wurde 2022 von einem Preisanstieg von bis zu 25 Prozent berichtet. Man rechnet mit einer deutlichen Verteuerung in diesem Jahr um bis zu 80 Prozent.
Krankheitsausfälle machten sich deutlich bemerkbar
Die Pandemie hat dazu geführt, dass die Krankenstände der Mitarbeiter besonders hoch waren. Dadurch waren Prozessabläufe in den Unternehmen gestört, in vielen Betrieben kam es zu Maschinenausfällen und finanziellen Verlusten. Große Anstrengungen wurden unternommen, um den Kunden die zugesicherten Liefertermine zu garantieren. Das wurde geschafft. Mit dem sich über viele Jahre abzeichnenden Mangel an Arbeitskräften haben sich die Unternehmen mittlerweile teilweise arrangiert. Gemäß der Befragung gab immerhin kein Unternehmen an, wegen fehlender Fach- oder Arbeitskräfte Investitionen zu verschieben oder zu streichen. Tatsächlich beklagen jedoch immer noch 40 Prozent der Betriebe einen Mangel an Fachkräften. Interessant: vergangenes Jahr waren es sogar zehn Prozent mehr. Aus Sicht des Verbandes ist hier aber nach wie vor Vorsicht angesagt. „Wir befürchten, dass der aktuelle Effekt größtenteils durch die abgekühlte Konjunktur zustande kommt. Mittelfristig wird der Arbeitsmarkt absehbar wieder knapper. Noch dramatischer verhält es sich mit den stetig sinkenden Zahlen an Auszubildenden. Die Unternehmen brauchen endlich mehr Luft, um sich dieser Aufgabe zu widmen. „Hier wird Zukunft verspielt!“, warnt Karsten Hunger. 44 Prozent der Unternehmen konnten Ausbildungsstellen nicht besetzen. Zu wenig Bewerbungen – absolut und qualitativ – waren der Grund. Aber auch das geringe Interesse der Jugendlichen, in der Fertigung zu arbeiten, wurde als Ursache vermutet. Der Fach- und Arbeitskräftemangel führt bereits heute zu Verlusten, vor allem durch Schichtausfälle. Diese Verluste wurden für 2022 mit fünf bis sieben Prozent geschätzt. Die Mitgliedsbetriebe stehen einer Sicherung des Personalbestands durch ausländische Fachkräfte offen gegenüber. Allerdings kommen bislang aber zu wenige ausländische Bewerber in der Verpackungsbranche an. Benötigt werden eine qualifizierte, unbürokratische Zuwanderung und die schnelle Integrationsmöglichkeit neuer Mitarbeiter. Die Hoffnung auf das von der Bundesregierung geplante Zuwanderungsgesetz hält sich noch in Grenzen.
Materialreduzierung wichtiges Forschungs- und Zukunftsthema
Produktinnovationen stehen im Fokus der Branche. Gut 50 Prozent der Hersteller bestätigen den Bedarf zu Entwicklung faserbasierter Lösungen als Ersatz für kunststoffbasierte Produkte. Entsprechende Anfragen liegen vor. Nur zehn Prozent sehen diesen Bedarf nicht. Das allgemein negative Image von Kunststoffen und das Konsumenteninteresse, weniger Kunststoffabfälle zu erzeugen, werden dabei als häufigste Gründe für die Anfragen genannt. Immer mehr Unternehmen produzieren bereits faserbasierte Lösungen oder wären dazu bereit, wenn die Alternativprodukte den gleichen Fett- und Feuchtigkeitsschutz bieten. „Das ist ein wichtiges Forschungs- und Zukunftsthema der Branche. Der Schutz des Lebensmittels muss dabei, trotz vieler anderer Anforderungen, immer gegeben sein, denn sonst ist eine Verpackung wertlos. An der Stelle muss man sich vor Augen führen, dass die ökologische Belastung von Nahrungsmittelverschwendung ein Vielfaches höher ist als die der Verpackung. Gerade vor dem Hintergrund der notwendigen Reduktion von CO2-Emissionen spielt die richtige Verpackung eine entscheidende Rolle“, erklärt Vorstandssprecher Vonderheid abschließend. Bei aller Euphorie für faserbasierte Lösungen wird daher die Materialneutralität des Verbandes geschätzt. Was zählt ist die beste Funktionalität der Verpackung über den gesamten Lebenszyklus. Die Branche arbeitet bereits seit Jahren sehr aktiv an der Materialreduzierung bei Verpackungen.
Pressemeldung: Aktuelle IPV Branchenumfrage für 2022: Alles auf Neustart nach Pandemie und Energiekrise?